Risiko Insolvenz

In Ausnahmesituationen, wie die aktuelle Corona-Pandemie sind viele Unternehmen vor großen Herausforderungen gestellt. Steuerberatern wird bei einer angespannten  Finanzlage häufig eine Schlüsselrolle zuteil, die jedoch mit verstärkten Haftungsrisiken einher geht.

Verlängerung der Insolvenzantragspflicht

Bereits im März 2020 wurde durch das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG), die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages bis zum 31. September 2020 ausgesetzt und führte hier bereits zur Notwendigkeit einer verstärkten Prüfung der wirtschaftlichen Situation von Mandanten. 

Diese getroffenen Erleichterungen wurden bereits für Fälle der Überschuldung bis Ende Dezember verlängert. Nun wird im Januar 2021 die Antragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit (§17 InsO) und Überschuldung (§19 InsO) weiterhin ausgesetzt, sofern zwischen dem 01.11.2020 und 31.12.2020 Leistungen aus staatlichen Hilfsprogrammen beantrag wurden.

Als Steuerberater tragen Sie seit dem Sommer 2020 eine Schlüsselrolle bei der Beratung, Betreuung und Beantragung der staatlichen Hilfen. Auch bei der erneuten Verlängerung muss die Insolvenzreife zwingend auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sein und die Hilfsanträge dürfen nicht offensichtlich aussichtslos gestellt sein.

Die Dokumentation Ihrer Tätigkeiten sollte, trotz des hohen Arbeitspensums,  ausführlich erfolgen. Bei einer ggf. späteren Insolvenz geraten Sie durch Ihre verstärkte Beteiligung in das Blickfeld der Ermittlungsbehörden und sehen sich leichter des Vorwurfs der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung gegenüber.

 

Haftung bei verspäteter Insolvenzanmeldung

Die mehrheitlich in der Literatur und Rechtsprechung abgestellte Hinweispflicht im Falle von Insolvenzmerkmalen führt zu einer verschärften Haftungssituation.

Solange Insolvenzverwalter den Auftrag zur Sicherung der Masse haben und Unternehmen Insolvenz anmelden, werden auch weiterhin Steuerberater in Anspruch genommen.
Die insolvenzrechtlichen Änderungen durch das Gesetz zur Erleichterung der Unternehmenssanierung (ESUG) haben sich auch auf wichtige vorbereitende Maßnahmen vor der Bearbeitung eines Insolvenzmandates ausgewirkt. Beispielhaft sind hier eine klare Auftragsformulierung sowie gegebenenfalls eine Insolvenzantragsempfehlung zu nennen, um die eigene Haftung zu reduzieren.

Mit dem BGH-Urteil in 2017 wurde die umfassende Prüfungs- und Hinweispflicht des Steuerberaters nochmals deutlich herausgestellt. Dieses Urteil begründet folglich umfängliche haftungsrechtliche Konsequenzen für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer eines krisenbehafteten Unternehmens.

Die Haftung und Strafbarkeit bei einer verspäteten Insolvenzanmeldung ergibt sich unter anderem aus der Eigenschaft des Steuerberaters als Erfüllungsgehilfe des Mandanten, der Kontroll- und Informationspflichten, der Mitwisser- und Mittäterschaft bei Insolvenzverschleppung bzw. Vermögensverschiebung/Untreue oder Betrug sowie der Quotenschadenhaftung.

Faktoren zur Reduzierung der eigenen Haftung

  • Schriftlicher Mandatsvertrag
  • Persönliche Übermittlung des festgestellten Sachverhalts
  • Pflicht zum Hinweis auf eine drohende Insolvenzgefahr und zur Erforderlichkeit entsprechender näherer Prüfungen

       (Stichworte: positive Fortführungsprognose; Überschuldungsprüfung)

  •  Überprüfung der bestehenden Straf-Rechtsschutzversicherung auf ausreichende Versicherungssummen
  • Überprüfung der bestehenden Berufshaftpflicht auf ausreichende Versicherungssummen
  • In der letzten Konsequenz: Einstellung der Arbeiten und Mandatsniederlegung

"Eine sorgfältige Dokumentierung, in welcher Weise die Beratung und notwendige Belehrung des Mandanten vorgenommen wurde, bleibt eine der wichtigsten Maßnahmen zur Risikominmierung."

Jonas Carstens, Fachberater Freie Berufe

„Der Steuerberater ist nicht Lebensberater seines Mandanten“

OLG Schleswig v. 29.11.2019

Das Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 29.11.2019 über die Reichweite der Pflichten eines Steuerberaters bei Insolvenzgefahr entschieden.
 

Das gute zuerst: Die Verantwortung des Steuerberaters hört auch an einem gewissen Punkt auf!


So argumentiert das OLG gegenüber dem Insolvenzverwalter als Kläger, dass der Steuerberater nicht Lebensberater seines Mandanten ist. Nichtsdestotrotz trifft Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern eine konkrete Warn- und Hinweispflicht im Falle von Insolvenzmerkmalen des Mandanten und aufgrund diverser Unterlassungs- und Beihilfekonstellationen ein erhebliches Haftungsrisiko.

Im vorliegenden Fall machte der Insolvenzverwalter eines Start Ups Ansprüche aus Insolvenzanfechtung und Steuerberaterhaftung gegenüber der Steuerberaterin geltend. Trotz dem schriftlichen Hinweis der beklagten Steuerberaterin, dass die GmbH überschuldet sei führte diese weiterhin die Finanzbuchführung, erstellte die Jahresabschlüsse und stellte die Tätigkeiten in Rechnung.


Ausblick


Die Haftungsrisiken für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer werden sich weiter verstärken, je häufiger Gerichte die Insolvenzdelikte strafrechtlich ausurteilen.
Für alle Berater gilt es zu bedenken, dass sie sich möglicherweise strafbar machen, wenn sie in Kenntnis der Insolvenzreife - bei der die 3-Wochen-Frist überschritten wird – bei Sanierungsmaßnahmen mitwirken.

Umsicht in Bezug auf die eigenen Rechte und Pflichten sind in der heutigen Zeit eine grundlegende Notwendigkeit für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer eines krisenbehafteten Unternehmens.

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DISCLAIMER

Aussagen in Bezug auf steuerrechtliche, bilanztechnische oder rechtliche Angelegenheiten sind lediglich allgemeiner Art und beruhen auf unserer Erfahrung als Versicherungsvertreter und Risikoberater. Daher sind diese Aussagen nicht als Beratungsleistung anzusehen, zu deren Erbringung wir nicht befugt sind und für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir keine Haftung übernehmen.