FISG

Seit dem 20.05.2021 ist amtlich, wie die Zukunft des Finanzmarkts Deutschland per Gesetz gesichert werden soll: Das sogenannte Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz oder kurz FISG ist vom Bundestag verabschiedet worden. Das FISG verschärft die Haftung und Strafbarkeit bei Abschlussprüfungen für Wirtschaftsprüfer.

Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität 

Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) ist am 20. Mai 2021 vom Bundestag in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses verabschiedet worden. Der Bundesrat hat am 28.05.2021 zugestimmt, so dass das Gesetz wie geplant am 01.07.2021 in Kraft tritt. Wir haben damit den finalen Stand erreicht und stellen das Ergebnis dar. Unser Fokus richtet sich insbesondere auf die geplanten Änderungen im Handelsgesetzbuch (HGB) und in der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) mit folgendem Inhalt:

  • Verschärfung der Haftung der Wirtschaftsprüfer (WP) und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPG). 
  • Entkoppelung der Pflichtversicherungssumme von der Haftungsbegrenzung bei Pflichtprüfungen.
  • Zulässigkeit einer Jahreshöchstleistung. Dabei werden nicht alle Änderungen mit dem Inkrafttreten des Gesetzes wirksam, sondern abhängig von der Rechnungslegung der geprüften Unternehmen und deren zu prüfenden Jahresabschlüsse

Folgende Haftungsbegrenzungen gelten zukünftig:

Kapitalmarktorientierte Unternehmen:


Einfache Fahrlässigkeit: 16.000.000 EUR
Grobe Fahrlässigkeit: unbegrenzt

 CCR-Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen: 


Einfache Fahrlässigkeit: 4.000.000 EUR
Grobe Fahrlässigkeit: 32.000.000 EUR

 Unternehmen, die nicht von öffentlichem Interesse sind:


Einfache Fahrlässigkeit: 1.500.000 EUR
Grobe Fahrlässigkeit: 12.000.000 EUR


Die Möglichkeit zur Begrenzung der Haftung für freiwillige Prüfungen bleibt unverändert. 

Ab wann sind Anpassungen notwendig?

Haftungsbegrenzung

Die Regelungen zur Haftungsbegrenzung in § 323 HGB werden erstmals auf die nach dem 01.01.2022 beginnenden Geschäftsjahre angewandt, so dass sie im Ergebnis erst für die nach Abschluss dieser Geschäftsjahre erfolgenden Pflichtprüfungen gelten. Für die Prüfung der bis zum 31.12.2021 beginnenden Geschäftsjahre gilt noch das alte Recht und damit die Haftungsbegrenzung auf 1 Million Euro. Es bleibt damit grundsätzlich genug Zeit für die Anpassung des Versicherungsschutzes. 

Pflichtversicherung

Die Regelungen zur Pflichtversicherung treten mit dem Gesetz in Kraft, so dass ab dem 01.07.2021 eine Begrenzung der Jahreshöchstleistung grundsätzlich erlaubt ist. Zu beachten ist aber die Übergangsvorschrift des neuen § 135 WPO, der die Anwendung des § 54 WPO in der gleichen Form regelt, wie das bei § 323 HGB (s. o.) der Fall ist.

 ⚠️Solange ein WP/eine WPG Pflichtprüfungen für Geschäftsjahre durchführt, die vor dem 31.12.2021 begonnen haben, muss er/sie eine unmaximierte Pflichtversicherungssumme vorhalten. Erst mit Abschluss der letzten dieser Prüfungen darf er die Jahreshöchstleistung nach der neuen Regelung begrenzen. ⚠️ 


Für WP/WPG, die sich nicht dem Peer Review unterzogen haben und damit nicht zur Pflichtprüfung nach HGB berechtigt sind, gilt die neue Regelung ab 01.07.2021. 

Ausnahmen bei der Übergangsregelung

Erste Anpassungen könnten auch bereits rückwirkend zum 01.07.2021 notwendig werden. Zwar gilt die Übergangsfrist für gesetzliche Abschlussprüfungen, diese findet aber nach dem Wortlaut der Übergangsregelung des § 135 WPO keine Anwendung auf Tätigkeiten, die hinsichtlich der Haftung auf die Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers (§323 Abs. 2 HGB), das heißt auch auf die durch das FISG erhöhten Haftungssummen, verweisen, etwa Prüfungen nach dem EEG. Auch auf die neue Strafrechtsnorm des § 332 Abs. 3 HGB findet die Übergangsregelung nach ihrem Wortlaut keine Anwendung.

Prüfungen mit Verweis auf §323 Abs. 2 HGB

Wie bereits oben beschrieben, hat der Gesetzgeber für die gesetzliche Abschlussprüfung eine Übergangsregelung geschaffen. Eine derartige Regelung fehlt jedoch bislang für Prüfungen, die auf § 323 Abs. 2 HGB auf die ein oder andere Art verweisen. 


Verweis auf die Verantwortlichkeit des Prüfers

Nachfolgend genannte Prüfungen (nicht abschließend), bei denen der Gesetzgeber hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Prüfers auf § 323 HGB verweist:

  • Verschmelzungsprüfungen (§ 11 Abs. 2 UmwG)
  • Unternehmensvertragsprüfungen (§ 293d Abs. 2 Satz 1 AktG)
  • aktienrechtliche Sonderprüfungen (§ 258 Abs. 5 Satz 1 AktG)
  • Prüfungen nach dem Publizitätsgesetz (§ 2 Abs. 3 Satz 4 PublG)


Verweis in allgemeiner Form

Nachfolgend genannte Prüfungen (nicht abschließend) könnten ebenfalls betroffen sein, bei denen der Gesetzgeber allgemeiner auf § 323 HGB verweist:

  • Prüfungen nach dem EEG (§ 64 Abs 5 Satz 4, 75 Satz 4 EEG)
  • Prüfungen und prüferische Durchsichten nach dem WpHG (§§ 32 Abs. 3 Satz 5, 115 Abs. 4 Satz 7 WpHG)
  • die externe Qualitätskontrolle (§ 57b Abs. 4 WPO)


Die Gründe für die Beschränkung der Haftung des gesetzlichen Abschlussprüfers kommen regelmäßig auch bei anderen gesetzlichen angeordneten Prüfungen zum Tragen.

Umgang mit der Regelungslücke

Es gibt keine Gründe, weshalb gesetzliche Abschlussprüfer und Prüfer gesetzlich angeordneter Prüfungen mit Verweis auf § 323 Abs. 2 HGB unterschiedlich behandelt werden sollten. Es liegt daher nahe, diese Regelungslücke analog der bestehenden Übergangsregelung für die gesetzliche Abschlussprüfung zu schließen. Bis wann dies durch die Gerichte bestätigt wird ist derzeit noch offen und birgt die Gefahr der deutlich verschärften Haftung ab dem 01.07.2021.

Eigenen Versicherungsschutz überprüfen

Nach § 27 der Berufssatzung WP/vBP soll die Berufshaftpflicht über die Höhe der Mindestversicherungssumme hinausgehen, wenn Art und Umfang der Haftungsrisiken dies erfordern.

Aufgrund der teilweise bestehenden Graubereiche in der Anwendung der neuen Regelungen durch das FISG, sollte genau geprüft werden ab wann und in welcher Form der Versicherungsschutz angepasst wird.

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Aussagen in Bezug auf steuerrechtliche, bilanztechnische oder rechtliche Angelegenheiten sind lediglich allgemeiner Art und beruhen auf unserer Erfahrung als Versicherungsvertreter und Risikoberater. Daher sind diese Aussagen nicht als Beratungsleistung anzusehen, zu deren Erbringung wir nicht befugt sind und für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir keine Haftung übernehmen. 

Teilweise wurden Informationen von der HDI Versicherung AG und der Wirtschaftsprüferkammer  verwendet.